2. März 2022 Votum Zubau von Elektroladestationen im Kanton Thurgau
Motionärsvotum und Fraktionsvotum für die Grünliberalen Thurgau im Grossen Rat, 2. März 2022
Motion von Marco Rüegg, Bernhard Braun, Nicole Zeitner, Josef Gemperle und Elina Müller vom 21. April 2021
Bildunterschrift, Marco Rüegg
Die Möglichkeit das Fahrzeug zu Hause zu laden ist das Killerkriterium schlechthin.
Ich spreche für die Motionärinnen und Motionäre, sowie auch für die GLP Fraktion.
Der Verkehrssektor verursacht ein Drittel der CO2-Emissionen und ist damit ein Treiber der Klimakrise. Wenn wir nicht alle uns zur Verfügung stehenden Mittel und Möglichkeiten ausschöpfen, wird es immer ungemütlicher. Da ich seit zehn Jahren mit Elektroautos unterwegs bin, sehe ich mich als Direktbetroffener kompetent genug, um über das Thema zu sprechen.
Die Regierung geht davon aus, dass der Markt reif ist für viele Elektrofahrzeuge. Da kann er sich auch täuschen. In den USA gab es z.B. im Jahr 1900 mehr als ein Drittel Elektroautos, in New York fuhren sogar die Hälfte mit Elektroantrieb. Und trotzdem; der hohe Anteil der Elektromobilität konnte sich nur etwa zehn Jahre halten. Danach kam der Siegeszug der Verbrenner, u.a. wegen fehlender Ladeinfrastruktur in ländlichen Regionen und wegen tiefen Energiepreisen. Von einem Drittel auf … sagen wir mal vernachlässigbar. Obwohl der Markt signalisierte, dass sich E-Autos durchsetzen würden. Und wo stehen wir heute?
Im letzten Jahr konnte wohl der Anteil E-Autos an den Neuwagen gesteigert werden. Aber zehn Jahre nach Einführung von Tesla Model S und Renault Zoe ist der Anteil am Bestand astronomisch tief. Die Quote liegt im Thurgau bei 1.6% und bei 1.5% im Schweizer Schnitt. Meine Damen und Herren, hier von einer Vorreiterrolle zu sprechen ist einfach falsch. Mit der aktuellen Neuwagenquote dauert es knapp ein halbes Jahrhundert, bis der Bestand an Fahrzeugen komplett auf elektrisch umgerüstet ist. Ich habe meine Kinder gefragt, wie hoch sie den Anteil schätzen und sie meinten, der sei 20mal höher. Das sähe wohl so aus, wenn Tesla Gründer Elon Musk in der Regierung sitzen würde.
Liebe Mitglieder der Regierung, werte Kolleginnen und Kollegen, sind sie sich dessen bewusst? Das wir am Anfang stehen und uns die Zeit davonläuft? Es braucht diese Motion dringend.
Ja es gibt Förderbeiträge, aber die nutzen vor allem Einfamilienhaus-Besitzer. Mieterinnen und Mieter haben nichts davon. Immer wieder höre ich, dass die fehlende Lademöglichkeit in der Tiefgarage oder beim Arbeitgeber der Grund ist, sich erneut ein Benzinauto zu kaufen. Ich selbst kann zu Hause aufladen. Bewusst lade ich aber oft extern, um Erfahrungen zu machen, wie praktikabel dies für die Allgemeinheit ist. Ich kann ihnen sagen; es ist ein Desaster. Nicht funktionierende Ladesäulen, unterschiedliche Bezahlsysteme, Notwendigkeit zur Registrierung auf einer Plattform, besetzte Parkplätze – vor allem wo der Strom gratis abgegeben wird – und überhöhte Strompreise. Wenn man nicht zu Hause aufladen kann, braucht man starke Nerven. Vermieter erlauben zwar in gewissen Fällen die Installation von Ladeboxen, aber nur auf eigene Kosten. Bei Auszug ist die Ladebox zu entfernen, wenn nötig mit gerichtlichem Urteil. Die Möglichkeit das Fahrzeug zu Hause zu laden ist das Killerkriterium schlechthin. Und darum müssen wir etwas für die Mieter und Arbeitnehmenden tun. Unser Vorhaben ist im Kanton Schaffhausen bereits umgesetzt. Die Gesetzesänderung wurde durch einen bürgerlichen Regierungsrat angestossen und sorgte im Parlament für wenig Diskussionen.
Wir sehen die Ladeinfrastruktur für Elektrofahrzeuge als fundamentalen Beitrag zur Versorgungssicherheit. Denn E-Autos sind mobile Speichereinheiten, die Strom aufnehmen und künftig Strom ans Netz abgeben können. Tagsüber im Geschäft tanken und über Nacht den getankten Solarstrom ans Netz abgeben. Wenn ich nur schon die Speicherkapazität der bereits vorhandenen (2930) Thurgauer Elektroautos zusammenzähle, dann komme ich auf eine Kapazität (150 MWh), die dem 100fachen des Grossspeichers in der Stadt Arbon entspricht (BESS Arbon 1.35MWh).
Regierungsrat Schönholzer hielt kürzlich ein forderndes Plädoyer. Er meinte, dass neue Kraftwerke zur erneuerbaren Stromerzeugung nicht verhindert werden dürfen, wenn wir künftig noch Energie haben wollen. Wir in diesem Saal tragen eine grosse Verantwortung. Wir müssen uns um die Energiezukunft und den Klimaschutz kümmern. Wenn wir es nicht schaffen, geben wir dann der Eigenverantwortung der Bürger Schuld? Die Umsetzung unserer Motion ist ein wichtiges Puzzleteil, um den Umstieg auf Elektromobilität zu ermöglichen und erneuerbare Energien intelligent ins Stromnetz zu integrieren. Wir gehen mit der Regierung einig, dass es nicht immer neue Gesetze und Regelungen braucht. Aber in diesem Thema ist es jetzt wirklich Zeit dafür. Ich bitte Sie, im Namen der Motionärinnen und Motionäre, und auch der grösstmehrheitlichen GLP Fraktion, die Motion als erheblich zu erklären.
Informationen
Tags
Elektrisierung, Elektroauto, Elektroladestationen, Elektromobilitöt, Ladestationen, Lastmanagement, Mieter, Parkplätze, SIA, Stockwerkeigentümer, Stromnetz, Stromversorgung, Tiefgaragenplatz, Vehicle-To-Grid