5. Mai 2021 Votum Stopp der Diskriminierung unserer KMU im Beschaffungswesen
Fraktionsvotum für die Grünliberalen Thurgau im Grossen Rat, 5. Mai 2021
Motion von Petra Kuhn, Brigitte Kaufmann und Marianne Raschle vom 11. März 2020 „Stopp der Diskriminierung unserer KMU im Beschaffungswesen“ (Geschäftsdatenbank)

Bildunterschrift, Marco Rüegg
Der Markt soll fair sein und der Wettbewerb muss funktionieren.
Ich bedanke mich bei den Motionären für den Vorstoss. Als wirtschaftsliberale Partei sind wir für freien Wettbewerb unter fairen Bedingungen.
Wir begrüssen den Wandel zu einer modernen Vergabekultur mit mehr Qualitätswettbewerb, Nachhaltigkeit und Innovation. Am 15. November 2019 haben die Kantone die interkantonale Vereinbarung über das öffentliche Beschaffungsrecht (IVöB) verabschiedet. Es gab nach der Verabschiedung des Bundesgesetzes BöB eine Überlappungszeit von fünf Monaten.
Das Bundesgesetz und die Verordnung sind seit 1. Januar 2021 in Kraft. In der Umsetzung gibt es einige Fragestellungen. Die Hauptfrage, ob bestimmte Leistungen als schweizerisch oder ausländisch gelten, und welcher Leistungskategorie bzw. welchem Land sie für Vergleichszwecke zuzuordnen sind, führt zu Unsicherheiten. Birgt eine Preisniveauklausel nicht auch eine Gefahr von Missbrauch? Wird es nicht noch komplizierter? Schon heute wollen viele Unternehmen gar nicht an öffentlichen Ausschreibungen teilnehmen – wegen der Formalität und der Komplexität des Verfahrens lohnt sich der Aufwand für ein Angebot nicht. Man müsste doch das Beschaffungswesen vereinfachen, damit der Staat mehr gute Angebote erhält und der Wettbewerb spielt.
Wir sehen, dass die Arbeitskosten von Schweizer Personal vergleichsweise hoch sind. Gemäss einer Publikation des Instituts der deutschen Wirtschaft Köln aus dem Jahr 2019 belegt die Schweiz im internationalen Arbeitskosten-Ranking mit Abstand den ersten Platz. Deutschland rangiert auf Platz 6 mit 20% tieferen Kosten. Italien hat um 45% reduzierte Arbeitskosten. Schweizer Unternehmen können aber Wettbewerbsnachteile durch Innovation wettmachen. Aus unserer Sicht gibt es wenige Bereiche, wo Preisnachteile mit einer Preisniveauklausel abgefangen werden könnten. Zudem würde diese Einschränkung nur im nichtstaatlichen Bereich gelten, wo Thurgauer KMU in der Regel nicht betroffen sind. Abgesehen davon, sollten sich Unternehmen nicht von öffentlichen Beschaffungen abhängig machen.
Die Regierung schreibt in Ihrer Antwort, dass in den Jahren 2016 – 2019 nur 0.5% der Aufträge an ausländische Unternehmen vergeben worden sind. Von einem Auftragsvolumen von 232 Mio. rund 1 Mio. Sieht man diese Zahlen, ist eine Preisniveauklausel überflüssig.
Als liberale Partei sind wir gegen staatliche Markteingriffe und Protektionismus einzelner Branchen oder Firmen. Aus unserer Sicht muss die öffentliche Beschaffung den Fokus auf die Nachhaltigkeit legen mit Berücksichtigung von Gesellschaft, Wirtschaft und Umwelt. Es besteht genügend Spielraum, um Schweizer Firmen Vorteile zu verschaffen und dadurch Arbeitsplätze zu sichern.
Wir sind zudem zuversichtlich, dass die neue Vergabekultur eine Diskussion über unterschiedliche Preisniveaus gegenüber dem Ausland erübrigen wird.
Aus diesem Grund erklärt die GLP Fraktion die Motion einstimmig als nicht erheblich.
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Wettbewerb, Vergabekultur, Preisniveauklausel, Nachhaltigkeit, Gewerbe, fair, Europa, Deutschland, Industrie