Ammoniak­belastungen im Kanton Thurgau

Einfache Anfrage Ammoniak­belastungen im Kanton Thurgau

Einfache Anfrage von Marco Rüegg und Erika Hanhart vom 09.11.2022 (Geschäftsdatenbank)

Ammoniakbelastungen im Kanton Thurgau

Bildunterschrift, Marco Rüegg

Der Regierungsrat schrieb als Antwort auf unsere Einfache Anfrage GRG Nr. 20 EA 128 333 zur Reduktion von Ammoniak, dass trotz langjähriger Bemühungen und tendenziell rückläufiger Tierzahlen die Ammoniak-Immissionen in empfindliche Ökosysteme im Kanton Thurgau nach wie vor zu hoch seien. Auf mehr als 90 % der Waldfläche werden die kritischen Einträge (Critical Loads und Critical Levels) für Stickstoff überschritten. Wie der Regierungsrat schreibt, hat dies eine Verringerung der Artenvielfalt zur Folge, macht die Wälder anfälliger für Stürme, Schädlinge und Trockenheit und der entstehende Feinstaub ist stark gesundheitsgefährdend. Der Handlungsbedarf ist gross, was auch das Institut für angewandte Pflanzenbiologie unterstreicht, das mit seinem Waldbericht kürzlich die Ergebnisse eines vom Kanton Thurgau mitfinanzierten, bereits 38-jährigen Walddauerbeobachtungsprogrammes publiziert hat.

Der Regierungsrat lobt zwar die Erfolge des Thurgauer «Massnahmenplans Ammoniak 2021-2030» durch technische und bauliche Massnahmen, hält jedoch fest, dass der Kanton die Vorgaben des Bundes zur Ammoniakreduktion nicht zu erfüllen vermag: «Ein ambitionierteres Reduktionsziel wäre nur mit einer sehr einschneidenden Reduktion der Tierzahl zu erreichen, welche die Thurgauer Landwirtschaft gegenüber anderen Kantonen und Ländern benachteiligen würde.» Dafür müsse sich zuerst das Konsumverhalten verändern, was im «Aktionsplan Klima» ab Herbst 2022 angegangen werde.

Diesbezüglich bitten wir den Regierungsrat um die Beantwortung folgender Fragen:

  1. Nimmt der Regierungsrat (Exekutive) seine Vollzugsaufgabe wahr, wenn er bestehende Gesetze und bundesrätliche Vorgaben nicht konsequent durchsetzt, solange dies «andere Kantone und Länder» nicht tun?
  2. Die angesprochene Benachteiligung des Kantons im Falle einer Reduktion der Tierzahlen kann durch eine geeignete Koordination unter den betroffenen Kantonen reduziert und beseitigt werden. Ist der Regierungsrat bereit, sich hierfür zu engagieren und über die Ergebnisse seiner Bemühungen bis zur Zielerreichung jährlich zu berichten? Wenn nein, warum nicht?
  3. In seiner Antwort auf einen Bericht der ständerätlichen Geschäftsprüfungskommission schrieb der Bundesrat am 19. Februar 2021, dass er «die Anpassung der Landwirtschaft an die Tragfähigkeit der Ökosysteme (standortangepasste Landwirtschaft), die dadurch notwendige Reduktion der regional zu hohen Intensität, die Eliminierung von Fehlanreizen durch eine stärkere Beachtung der Kostenwahrheit und eine wirkungsvollere Zielausrichtung der Subventionen in den Bereichen Biodiversitätsförderung, Vernetzung und Strukturverbesserungen» plane. Unterstützt der Regierungsrat dieses Vorhaben aktiv und ist er grundsätzlich auch der Meinung, dass das Instrument «Kostenwahrheit» geeignet ist, «das Konsumverhalten grundlegend zu verändern», wie er es ausdrückt? Wenn ja, was tut er? Wenn nein, warum?
  4. Nimmt der Regierungsrat die Weisungen des Bundes zu wenig ernst, indem er sich bewusst gegen ein ambitionierteres Reduktionsziel entscheidet, weil dies eine einschneidende Reduktion der Tierzahlen zur Folge hätte?
  5. Der Produktion von pflanzenbasiertem Eiweiss wird weltweit ein zwanzigfaches Wachstum vorausgesagt – auch in der Schweiz nimmt z.B. der Konsum von Fleischersatzprodukten auf Basis von Pflanzeneiweiss rapide zu und Startups etablieren sich mit innovativen Produkten. Stellt die Förderung der pflanzenbasierten Eiweissproduktion in der Landwirtschaft bzw. die gezielte Förderung von Start-ups, die Produkte aus Pflanzeneiweiss zur Marktreife entwickeln und anschliessend produzieren/vertreiben eine mögliche Innovationsstrategie dar, die interessierte Landwirt*innen auch bei der Transformation ihrer Produktion unterstützen könnte?
  6. Der Regierungsrat erhofft sich offenbar, dass künftig weitere wissenschaftlich anerkannte, technische, betriebliche und bauliche Massnahmen zur Ammoniakreduktion zur Verfügung stehen werden! Wenn dies korrekt ist, wie begründet er seine Zuversicht und bis wann setzt er sich eine Frist, um das Eintreten seiner Hoffnungen zu überprüfen? Entspricht es in verschiedenerlei Hinsicht einer enkeltauglichen Regierungstätigkeit, wenn statt auf bekannte und wirksame Lösungen auf das Prinzip Hoffnung gesetzt wird und damit Probleme auf morgen verschoben werden?

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Wortlaut vom 09.11.2022 (20_EA 160_404)

Beantwortung vom 13.12.2022 (20_EA 160_404)

Quellen

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